The Collaborative Mendel Mendel's Paper: A Collaborative Hypertext
3: Eintheilung und Ordnung der Versuche


Versuche über Pflanzen-Hybriden (1865)
von Gregor Mendel.


Eintheilung und Ordnung der Versuche.

Werden zwei Pflanzen, welche in einem oder mehreren Merkmalen constant verschieden sind, durch Befruchtung verbunden, so gehen, wie zahlreiche Versuche beweisen, die gemeinsamen Merkmale unverändert auf die Hybriden und ihre Nachkommen über; je zwei differirende hingegen vereinigen sich an der Hybride zu einem neuen Merkmale, welches gewöhnlich an den Nachkommen derselben Veränderungen unterworfen ist. Diese Veränderungen für je zwei differirende Merkmale zu beobachten und das Gesetz zu ermitteln, nach welchem dieselben in den aufeinander folgenden Generationen eintreten, war die Aufgabe des Versuches. Derselbe zerfällt daher in eben so viele einzelne Experimente, als constant differirende Merkmale an den Versuchspflanzen vorkommen.

Die verschiedenen, zur Befruchtung ausgewählten Erbsenformen zeigten Unterschiede in der Länge und Färbung des Stengels, in der Grösse und Gestalt der Blätter, in der Stellung, Farbe und Grösse der Blüthen, in der Länge der Blüthenstiele, in der Farbe, Gestalt und Grösse der Hülsen, in der Gestalt und Grösse der Samen, in der Färbung der Samenschale und des Albumens. Ein Theil der angeführten Merkmale lässt jedoch eine sichere und scharfe Trennung nicht zu, indem der Unterschied auf einem oft schwierig zu bestimmenden "mehr oder weniger" beruht. Solche Merkmale waren für die Einzel-Versuche nicht verwendbar, diese konnten sich nur auf Charactere beschränken, die an den Pflanzen deutlich und entschieden hervortreten. Der Erfolg musste endlich zeigen, ob sie in Hybrider Vereinigung sämmtlich ein übereinstimmendes Verhalten beobachten, und ob daraus auch ein Urtheil über jene Merkmale möglich wird, welche eine untergeordnete typische Bedeutung haben.

Die Merkmale, welche in die Versuche aufgenommen wurden, beziehen sich:

  1. Auf den Unterschied in der Gestalt der reifen Samen. Diese sind entweder kugelrund oder rundlich, die Einsenkungen, wenn wclche an der Oberfläche vorkommen, immer nur seicht, oder sie sind unregelmässig kantig, tief runzlig (P. quadratum).
  2. Auf den Unterschied in der Färbung des Samen-Albumens [Endosperms]. Das Albumen der reifen samen ist entweder blassgelb, hellgelb und orange gefärbt, oder es besitzt eine mehr oder weniger intensiv grüne Farbe. Dieser Farbenunterschied ist an den Samen deutlich zu erkennen, da ihre Schalen durchscheinend sind.
  3. Auf den Unterschied in der Färbung der Samenschale. Diese ist entweder weiss gefärbt, womit auch constant die weisse Blüthenfarbe verbunden ist, oder sie ist grau, graubraun, lederbraun mit oder ohne violetter Punctirung, dann erscheint die Farbe der Fahne violett, die der Flügel purpurn, und der Stengel an den Blattachseln röthlich gezeichnet. Die grauen Samenschalen werden im kochenden Wasser schwarzbraun.
  4. Auf den Unterschied in der Form der reifen Hülse. Diese ist entweder einfach gewölbt, nie stellenweise verengt, oder sie ist zwischen den Samen tief eingeschnürt und mehr oder weniger runzlig (P. saccharatum).
  5. Auf den Unterschied in der Farbe der unreifen Hülse. Sie ist entweder licht- bis dunkelgrün oder lebhaft gelb gefärbt, an welcher Farbung auch Stengel, Blattrippen und Kelch theilnehmen.*.
  6. Auf den Unterschied in der Stellung der Blüthen. Sie sind entweder axenständig, d. i. längs der Axe vertheilt, oder sie sind endständig, am Ende der Axe gehäuft und fast in eine kurze Trugdolde gestellt; dabei ist der obere Theil des Stengels im Querschnitte mehr oder weniger erweitert (P. umbellatum).
  7. Auf den Unterschied in der Axenlänge. Die Länge der Axe ist bei einzelnen Formen sehr verschieden, jedoch für jede insofern ein constantes Merkmal, als dieselbe bei gesunden Pflanzen, die in gleichem Boden gezogen werden, nur unbedeutenden Aenderungen unterliegt. Bei den Versuchen über dieses Merkmal wurde der sicheren Unterscheidung wegen stets die lange Axe von 6-7' mit der kurzen von 3/4 bis 1 [und] 1/2' verbunden.
In zwei von den angeführten differirenden Merkmalen wurden durch Befruchtung vereinigt. Für den


   1. Versuch wurden 60 Befruchtungen an 15 Pflanzen vorgenommen.
   2.    "      "    58          "       10     "         "
   3.    "      "    35          "       10     "         "
   4.    "      "    40          "       10     "         "
   5.    "      "    23          "        5     "         "
   6.    "      "    34          "       10     "         "
   7.    "      "    37          "       10     "         "

* Eine Art besitzt eine schöne braunrothe Hülsenfarbe, welche gegen die Zeit der Reife hin in Violett und Blau übergeht. Der Versuch über dieses Merkmal wurde erst im verflossenen Jahre begonnen.

Von einer grösseren Anzahl Pflanzen derselben Art wurden zur Befruchtung nur die kräftigsten ausgewählt. Schwache Exemplare geben immer unsichere Resultate, weil schon in der ersten Generation der Hybriden und noch mehr in der folgenden manche Abkömmlinge entweder gar nicht zur Blüthe gelangen, oder doch wenige und schlechte Samen bilden.

Ferner wurde bei sämmtlichen Versuchen die wechselseitige Kreuzung durchgeführt in der Weise nämlich, dass jene der beiden Arten, welche bei einer Anzahl Befruchtungen als Samenpflanze diente, bei der anderen als Pollenpflanze verwendet wurde.

Die Pflanzen wurden auf Gartenbeeten, ein kleiner Theil in Töpfen gezogen, und mittelst Stäben, Baumzweigen und gespannten Schnüren in der natürlichen aufrechten Stellung erhalten. Für jeden Versuch wurde eine Anzahl Topfpflanzen während der Blüthezeit in ein Gewächshaus gestellt, sie sollten für den Hauptversuch im Garten als Kontrolle dienen bezüglich möglicher Störungen durch Insecten. Unter jenen, welche die Erbsenpflanze besuchen, könnte die Käferspecies Bruchus pisi dem Versuche gefährlich werden, falls sie in grösserer Menge erscheint. Das Weibchen dieser Art legt bekanntlich seine Eier in die Blüthe und öffnet dabei das Schiffchen; an den Tarsen eines Exemplares, welches in einer Blüthe gefangen wurde, konnten unter der Loupe deutlich einige Pollenzellen bemerkt werden. Es muss hier noch eines Umstandes Erwähnung geschehen, der möglicher Weise die Einmengung fremden Pollens veranlassen könnte. Es kommt nämlich in einzelnen seltenen Fällen vor, dass gewisse Theile der übrigens ganz normal entwickelten Blüthe verkümmern, wodurch eine theilweise Entblössung der Befruchtungs-Organe herbeigeführt wird. So wurde eine mangelhafte Entwicklung des Schiffchens beobachtet, wobei Griffel und Antheren zum Theile unbedeckt blieben. Auch geschieht es bisweilen, dass der Pollen nicht zur vollen Ausbildung gelangt. In diesem Falle findet während des Blühens eine allmälige Verlängerung des Griffels statt, bis die Narbe an der Spitze des Schiffchens hervortritt. Diese merkwürdige Erscheinung wurde auch an Hybriden von Phaseolus und Lathyrus beobachtet.

Die Gefahr einer Fälschung durch fremden Pollen ist jedoch bei Pisum eine sehr geringe und vermag keineswegs das Resultat im grossen Ganzen zu stören. Unter mehr als 10,000 Pflanzen, welche genauer untersucht wurden, kam der Fall nur einige wenige Male vor, dass eine Einmengung nicht zu bezweifeln war. Da im Gewächshause niemals eine solche Störung beobachtet wurde, liegt wohl die Vermuthung nahe, dass Bruchus pisi und vielleicht auch die angeführten Abnormitäten im Blüthenbau die Schuld daran tragen.


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